Am 1. Januar 2021 starteten elf für diese Deutsche Meisterschaft qualifizierten Schachspieler zur Ermittlung ihres Meisters. Unser Fernschach-Spitzenspieler Manfred hatte sich mit einem Turniersieg in der Vorrunde der Gruppe 8 für diese Finalrunde des Deutschen Fernschachbundes qualifiziert. Es war klar, dass es ein enges Rennen um den Meistertitel werden würde. Man durfte sich natürlich keine Niederlage erlauben, und musste mindestens zwei Partien gewinnen, um ganz vorne dabei zu sein. Wie beim Fernschach, wo sehr viel „fehlerfreies“ Schach gespielt wird, üblich, war der Anteil der entschiedenen Partien mit rund 16% nicht sehr hoch. Aber ein Blick auf die Partien zeigt, dass nur sehr wenige „Salon-Remisen“ dabei waren. Die älteren Herren sind allesamt, wenn sie zur Deutschen Fernschachspitze gehören, sehr kampfstark und ungemein erfahren. Manch einer hat in seiner Laufbahn mehr als 500 Partien in der internationalen Fernschach-Datenbank. Übrigens, dies trifft auch auf mich zu, da ich bereits im April 1975 mein erstes Fernschachturnier gespielt habe.Bereits vor dem 1. Zug des Turniers ist eine umfassende Recherchearbeit notwendig, um bei jedem Gegner in seinen Datenbank-Partien eine mögliche „Schwäche“ zu erspähen. Hört sich langweilig an, ist aber so spannend und aufregend wie die Sisyphusarbeit eines Kommissars bei seinem neuen Fall. Es gilt ja nicht nur die Eröffnungen seiner Gegner zu ergründen und mit den eigenen Lieblings-Eröffnungen abzugleichen, sondern besonders den Spielstil zu erkennen, um dementsprechend die neuen Meisterschafts-Partien anzulegen.
Wie eingangs erwähnt, musste jeder Turnierteilnehmer 10 Partien gleichzeitig spielen (5 x mit Weiß und 5 x mit Schwarz). Die Zugübermittlung erfolgte papier- und portolos über einen Schachserver, so dass die ersten 2 Monate – die Eröffnungsphasen – sehr zügig und vielfach bekannt durch die Schacheröffnungstheorien – sich in gewissen Remisbreiten bewegten. Weit weg von Eröffnungsvorteilen, die einen möglichen Sieg ergeben könnten. Und so hagelte es auch viele Remis-Ergebnisse in der Turniertabelle. Nicht zu erkennen, ob ein Spieler auch gewisse Gewinnchancen in einer oder anderen Partie erreicht hat. Man weiß also nie in dieser Turnierphase wie man dran ist, man kann nur recht langsam spielen, damit man später, wenn erste Gewinn-/Verlust-Punkte in der Tabelle stehen, sich dementsprechend in den eigenen Partien zu verhalten.
Aber alle „Turnier-Theorie“ wurde Anfang März über den Haufen geworfen, da ein Spieler – ganz ungewöhnlich für dieses Spitzenturnier – eine Partie gewann. Und 14 Tagen später noch eine Gewinnpartie eines anderen Spielers. Damit musste ich meine Partie etwas dynamischer, aber auch riskanter weiterführen, wollte ich doch ganz vorne landen.
Doch erstmal zahlten sich meine „Gewinnversuche“ nicht aus, im Gegenteil, die Partien mit den kleinen Vorteilen für mich wurden von den routinierten Gegnern zum Remis abgewickelt. Und obendrein gewann der spätere Turniersieger im August bereits seine zweite Partie.